Monatelang haben Fachleute der Wohnungsgesellschaft Nassauische Heimstätte/Wohnstadt (NHW) geprüft. Das Ergebnis ist ernüchternd: Zwei Mehrfamilienhäuser an der Küferstraße im Frankfurter Stadtteil Sindlingen sind so einsturzgefährdet, dass sie abgerissen werden müssen. Die früheren Mieter, die völlig überraschend ausziehen mussten und inzwischen neue Wohnungen bezogen haben, können nicht in die vertraute Nachbarschaft zurückkehren. Fast einhundert Mietparteien sind betroffen. Das Grundstück wird vorübergehend für einen Kindergarten genutzt, die Planungen für einen Neubau sind angelaufen.
Im Herbst 2023 hatte die NHW bei einer Routineuntersuchung festgestellt, dass es bei zwei in den Sechzigerjahren errichteten Gebäuderiegeln in Sindlingen statische Probleme gibt. Balkone wurden gesperrt, Laubengänge und Kellerräume mit Stützen gesichert. Doch es half alles nichts: Statiker stellten fest, dass die Geschossdecken nicht mehr tragfähig und einsturzgefährdet sind. 
Vorübergehend ins Hotel
Im Januar mussten die ersten Mieter kurzfristig ausziehen. Andere durften zunächst bleiben, sprachen aber gegenüber der F.A.Z. von Todesangst. Am Ende mussten 95 Wohnungen geräumt werden – für die NHW, die insgesamt rund 60.000 Wohnungen verwaltet, war das ein Krisenfall, den es in dieser Form noch nie gegeben hat. „Wir haben umgehend eine eigene Taskforce eingerichtet“, sagt Geschäftsführer Constantin Westphal. „Innerhalb weniger Stunden mussten Unterkünfte organisiert und die Mieter informiert werden“, berichtet Sandra Nieber, die Leiterin des zuständigen Servicecenters der NHW.
Wer seine Wohnung verlassen musste, kam vorübergehend auf Kosten der NHW in einem Hotel unter. Mittlerweile leben alle Mietparteien in neuen Wohnungen, für 86 von ihnen habe man Ersatzwohnungen im eigenen Bestand gefunden, so Nieber. Acht Mieter hätten sich selbst eine neue Wohnung gesucht, eine Person sei in einem Pflegeheim untergebracht worden.
Nistkästen für die Vögel
Ein Teil des Grundstücks an der Küferstraße wird vorübergehend von der städtischen Wohnungsbaugesellschaft ABG genutzt. Sie errichtet dort nach Abriss einen temporären Kindergarten. Das Gebäude, das schon in Bau ist, soll genutzt werden, bis 2027 die Kindertagesstätte an der Pfingstbornstraße renoviert ist.
Mit dem Abriss der Wohnblöcke hat die NHW bereits begonnen, er soll im Frühjahr beendet sein. Zum Schutz der Nachbarn wurden Lärmschutzwände aufgestellt. Außerdem hat die Wohnungsgesellschaft auch für die letzten Bewohner Ersatz bereitgestellt: Für die Haussperlinge und Hausrotschwänze, die an den maroden Gebäuden nisteten, wurden 31 neue Nistkästen an der nahegelegenen Hermann-Brill-Straße angebracht.
Auch mit der Planungen für einen Neubau mit bezahlbaren Wohnungen hat die NHW schon begonnen, Details wie die Zahl der möglichen Wohnungen stehen aber noch nicht fest. Es müssten noch bau- und planungsrechtliche Fragen geklärt und die Finanzierung gesichert werden. Wegen der hohen Baukosten sind neue Wohnungsbauprojekte derzeit nur schwer wirtschaftlich darzustellen. Auch Fördermittel des Landes sind knapp.
Weitere Wohnblocks der NHW sind derzeit nicht gefährdet. Bei Modernisierungsvorhaben werde immer die Bausubstanz geprüft, es sei bei anderen Gebäuden bisher nichts Negatives aufgefallen, teilte das Unternehmen mit. „Wir gehen davon aus, dass die Küferstraße ein Einzelfall ist.“
