Wo Donald Trump ist, ist in diesen Tagen Elon Musk nicht weit. Das scheint den US-Präsidenten selbst etwas zu überraschen. Vor wenigen Tagen sagte er in einem Interview mit dem Fernsehsender Fox News, er frage sich, wie es der Multiunternehmer schaffe, so viel Zeit für seine neue Rolle in der amerikanischen Regierung aufzuwenden. „Er geht voll darin auf“, sagte Trump anerkennend – und beteuerte, Musk tue dies, ohne eine Gegenleistung zu erwarten: „Er hat überhaupt nichts davon.“
Musk ist der reichste Mensch der Welt, sein Vermögen wird im „Bloomberg Billionaires Index“ derzeit auf fast 400 Milliarden Dollar geschätzt. Er herrscht über ein riesiges Unternehmensimperium, zu dem der Elektroautohersteller Tesla , das Raumfahrtunternehmen SpaceX und die Onlineplattform X gehören. Neben all diesen Aufgaben ist er jetzt auch noch ein „Special Government Employee“, also eine Art Sonderbeauftragter der US-Regierung. Er führt das „Department of Government Efficiency“ oder „DOGE“, eine neue Arbeitsgruppe, die sich dem Ziel verschreibt, Bürokratie abzubauen und damit den amerikanischen Staat zu verschlanken. Das scheint im Moment einen großen Teil seiner Kapazitäten zu beanspruchen. Er hält sich offenbar hauptsächlich in Washington auf, und die meisten seiner Einträge auf X drehen sich um Politik. Er hat sich selbst „First Buddy“ genannt, also „erster Kumpel“.
Für seine Regierungsarbeit soll Musk kein Gehalt bekommen, aber dass es sich wie von Trump behauptet um ein uneigennütziges Engagement handelt, lässt sich bezweifeln. Vielmehr häufen sich die Fragen nach seinen Interessenkonflikten. Gerade Tesla und SpaceX haben viel mit staatlichen Stellen zu tun, die nun im Einflussbereich des DOGE-Projekts stehen. Sie bekommen Aufträge von der Regierung und werden von diversen Behörden reguliert.
Musk könnte von seiner Rolle enorm profitieren
In den ersten Wochen seit Trumps Antritt ist deutlich geworden, dass Musk von seiner neuen Rolle enorm profitieren könnte. Er hat vom Präsidenten weiter reichende Befugnisse bekommen als ursprünglich angekündigt und testet die Grenzen seines Spielraums aus. Er lässt seine DOGE-Mitarbeiter wie Bulldozer auf eine Behörde nach der anderen los, um radikale Einschnitte zu verordnen oder gar zu versuchen, sie ganz zu eliminieren. Für ihn könnte das den willkommenen Effekt haben, dass die vielen Auseinandersetzungen, die sich seine Unternehmen mit Regulierern liefern, an Bedrohlichkeit verlieren.
Musks aggressiver Ansatz fügt sich in den allgemeinen Aktionismus in Trumps ersten Amtswochen und erinnert an den personellen Kahlschlag, den er der X-Vorgängergesellschaft Twitter nach deren Kauf vor etwas mehr als zwei Jahren verordnete. Politische Gegner machen gegen ihn mobil. Gewerkschaften haben die DOGE-Gruppe verklagt und werfen ihr Gesetzesverstöße vor, etwa weil sie Mitarbeiter im öffentlichen Dienst einschüchtere und versuche, sich Zugang zu sensiblen Regierungsdaten zu verschaffen. In einer Klage wird gewarnt, Musk könne an Informationen über Konkurrenten und Ermittlungen gegen seine Unternehmen herankommen.
Gegenwehr der Demokraten
Die Senatorin Elizabeth Warren von den Demokraten verglich Musk vor wenigen Tagen mit einem „Bankräuber, der Polizisten feuern und Alarmanlagen ausschalten darf, bevor er in die Bank spaziert“. Ihr Parteikollege Mark Pocan aus dem Abgeordnetenhaus stellte gerade einen „ELON MUSK Act“ vor, der Sonderbeauftragte der Regierung wie Musk von Regierungsaufträgen ausschließen würde. Wie oft in den USA ist der Name des Gesetzentwurfs als Abkürzung konzipiert, er steht für „Eliminate Looting of Our Nation by Mitigating Unethical State Kleptocracy“, sinngemäß „Beendigung des Plünderns unserer Nation durch das Eindämmen unethischer Kleptokratie im Staat“.
Der Entwurf dürfte angesichts der gegenwärtigen Mehrheitsverhältnisse im Kongress keine Chance auf eine Umsetzung haben und somit nicht über Symbolwirkung hinauskommen. Die Republikaner stehen bislang weitgehend hinter Musk und äußern sich in der Öffentlichkeit wohlwollend, wenn nicht sogar bewundernd über seine Vorgehensweise. Aber auch in ihren Reihen scheint sich etwas Unbehagen breitzumachen. Die Onlinepublikation „The Bulwark“ berichtete, mehrere Kongressmitglieder der Republikaner hätten in ihren Wahlkreisen Briefe verschickt und darin zu Fragen und Kritik rund um das DOGE-Projekt Stellung genommen. Ein Abgeordneter habe geschrieben, er teile die Sorgen, dass Musk zu weit gehe und es mögliche Interessenkonflikte gebe.
Musk selbst lässt solche Bedenken an sich abprallen. Als er vor wenigen Tagen in einer Pressekonferenz mit Trump im Weißen Haus nach Interessenkonflikten gefragt wurde, tat er so, als habe er mit den Aufträgen, die SpaceX von der US-Regierung bekommt, nichts zu tun, obwohl er Vorstandschef und Großaktionär des Unternehmens ist. Er sagte, um solche Aufträge bemühten sich „Leute von SpaceX“ und nicht er selbst. Im Übrigen habe SpaceX bei jedem gewonnenen Auftrag von allen Bewerbern das beste Preis-Leitungs-Verhältnis für die amerikanischen Steuerzahler geboten.
Was tun im Fall von Interessenskonflikten?
Trump hat zwar versprochen, er werde Musk nicht an Projekte „heranlassen“, die einen Interessenkonflikt mit sich bringen könnten. Wie eine etwaige Befangenheit festgestellt werden soll, ließ er aber offen. Seine Sprecherin Karoline Leavitt hat gesagt, die Entscheidung darüber, sich im Falle von Interessenkonflikten herauszuhalten, liege bei Musk selbst.
Es hat eine gewisse Ironie, dass sich Musk regelmäßig geringschätzig über staatliche Institutionen äußert und sie jetzt zu dezimieren versucht, denn er hat ihnen in seinem Unternehmensimperium viel zu verdanken. SpaceX hat seit seiner Gründung 2002 von der US-Regierung Aufträge im Wert von rund 20 Milliarden Dollar bekommen, allein in den vergangenen beiden Fiskaljahren waren es jeweils mehr als drei Milliarden Dollar. Musks Unternehmen ist derzeit der wichtigste Partner der Raumfahrtbehörde NASA, um Astronauten ins Weltall zu bringen.
Tesla macht weitaus weniger direkte Geschäfte mit der US-Regierung, allerdings gab es vor wenigen Tagen Aufregung um einen möglichen Großauftrag. US-Medien berichteten von Plänen der Regierung, gepanzerte Fahrzeuge von Tesla im Wert von 400 Millionen Dollar zu beschaffen. Sie verwiesen dabei auf ein entsprechendes Dokument auf der Internetseite des Außenministeriums, das auf den vergangenen Dezember zurückdatiert ist, also vor Trumps Amtsantritt. Nach Veröffentlichung der Berichte wurde Teslas Name aus dem Dokument entfernt, und das Ministerium ließ mittlerweile verlauten, es habe derzeit keine Pläne, solche Autos zu kaufen. Auch Musk meldete sich zu Wort und sagte auf X, er sei „ziemlich sicher“, Tesla bekomme keine 400 Millionen Dollar.
Unabhängig von Regierungsaufträgen hat Tesla massiv von staatlichen Programmen profitiert. Der Autohersteller hat bis heute einen erheblichen Teil seines Gewinns dem Handel mit Emissionszertifikaten zu verdanken. Wettbewerber kaufen ihm diese Zertifikate ab, um gesetzliche Emissionsvorgaben zu erfüllen.
Musk im Visier von Regulierern
Musk hat oft beklagt, der Regierungsapparat stehe dem Fortschritt, den er mit seinen Unternehmen verheißt, im Weg. Mit seinem DOGE-Mandat hat er nun ein Vehikel, um sich künftig weniger mit unliebsamen Staatsangestellten herumschlagen zu müssen. Eine der Behörden, auf die er es abgesehen hat und die mithilfe seiner DOGE-Gruppe schon weitgehend lahmgelegt wurde, ist das Consumer Financial Protection Bureau. Es ist für Verbraucherschutz zuständig und dabei vor allem auf Finanzdienstleistungen spezialisiert, es wurde 2011 im Nachgang der Finanzkrise ins Leben gerufen.
Von seiner Demontage könnte Musk zum Beispiel insofern profitieren, als er weniger regulatorische Hürden für einen geplanten neuen Finanzdienst seiner Plattform X zu erwarten hätte. Die Entwicklungshilfeagentur USAID, die Musk ebenfalls auflösen will, hat im vergangenen Jahr Ermittlungen rund um den Einsatz von Starlink-Satelliten in der Ukraine gestartet. Starlink ist eine Sparte von SpaceX.
Musk ist mit seinen Unternehmern immer wieder ins Visier von Regulierern geraten. Besonderen Groll hegt er gegenüber der Börsenaufsicht SEC, die ihn mehrfach verklagt hat. Erst kurz vor dem Regierungswechsel im Januar reichte sie eine neue Klage gegen ihn ein, die sich um die Umstände der Twitter-Übernahme drehte. Sie warf ihm vor, mit dem Verstoß gegen Meldepflichten nach seinem Einstieg bei Twitter auf Kosten anderer Aktionäre mehr als 150 Millionen Dollar gespart zu haben.
Die Flugaufsicht FAA hat im vergangenen Jahr zum Ärger von Musk eine Geldstrafe gegen SpaceX wegen fehlender Freigaben für zwei Raketenstarts verhängt. Ihr hat Musk allgemein oft vorgeworfen, sich zu viel Zeit für Genehmigungen zu nehmen. Die zum Verkehrsministerium gehörende Sicherheitsbehörde NHTSA führt mehrere Ermittlungen gegen Tesla durch. Sie drehen sich um Fahrassistenzsysteme des Unternehmens, die mit einer Reihe von Unfällen in Verbindung gebracht worden sind. Musk hat auch gesagt, im Rahmen des DOGE-Projekts würde er sich bemühen, einen „nationalen Genehmigungsprozess“ für autonome Fahrtechnologien zu etablieren. Bislang haben die Bundesstaaten jeweils eigene Regeln.
Auch international stellt sich die Frage nach Interessenskonflikten
Die Fragen nach Musks Interessenkonflikten beschränken sich nicht auf die USA. Sie haben eine globale und geopolitische Dimension, zumal er mit seinem Imperium auf der ganzen Welt vertreten ist. China zum Beispiel ist für Tesla ein wichtiger Produktionsstandort und Absatzmarkt. Musk hat ein partnerschaftliches Verhältnis zur dortigen Regierung kultiviert. Er hat auch Einschätzungen zum Konflikt zwischen China und Taiwan abgegeben, die als chinafreundlich interpretiert wurden. Vor wenigen Tagen traf er in Washington den indischen Staatschef Narendra Modi. Hinterher wurde Trump gefragt, ob er dies in seiner Rolle als Vorstandschef oder als Vertreter der US-Regierung getan habe. Der Präsident antwortete, das wisse er nicht, fügte aber hinzu: „Ich nehme an, er will in Indien Geschäfte machen.“ Wie das „Wall Street Journal“ vor einigen Monaten schrieb, steht Musk auch in Kontakt mit dem russischen Präsidenten Wladimir Putin.
Die Idee für ein „Department of Government Efficiency“ wurde ursprünglich von Musk in den Raum gestellt. Er schlug Trump die Gründung einer solchen Arbeitsgruppe im vergangenen August im Rahmen eines Gesprächs auf X vor, kurz nachdem er ihm erstmals öffentlich seine Unterstützung im Wahlkampf ausgesprochen hatte. Trump zeigte sich angetan, nur wenige Tage nach seinem Wahlsieg im November kündigte er das DOGE-Projekt offiziell an.
Schon damals versprach Musk: „Das wird Schockwellen durch das System senden.“ Zunächst hieß es, das Gremium solle kein formeller Teil der Regierung sein. Das hat sich nach Trumps Amtsantritt geändert. Per Dekret machte er DOGE am ersten Tag seiner zweiten Amtszeit zu einer Stabsstelle der Regierung. Musk heuerte eine Truppe von zum Teil sehr jungen Mitarbeitern für das Projekt an und holte auch einige langjährige Vertraute aus seinen Unternehmen. Dieses Team arbeitet nun offenbar mit aller Macht daran, die von Musk versprochenen Schockwellen in die Praxis umzusetzen. Nach einem Bericht der „New York Times“ hat es sich mittlerweile in mindestens 19 Behörden eingenistet, um dort Kürzungspotential zu identifizieren. Vor wenigen Tagen hat Trump es in einem weiteren Dekret mit noch mehr Macht ausgestattet. Demnach müssen Einstellungen von neuem Personal in Behörden nun mit DOGE-Mitarbeitern abgestimmt werden.
Nähe zu Trump zahlt sich aus
Allein schon ein Blick auf die Finanzmärkte zeigt, dass sich die Nähe zu Trump für Musk lohnt. Die Tesla-Aktie kostet heute rund 40 Prozent mehr als vor Trumps Wahlsieg. Dabei hatte das Unternehmen in der Zwischenzeit keine sonderlich guten Nachrichten zu bieten, für das vergangene Jahr meldete es zum ersten Mal in seiner Geschichte einen Rückgang der Verkaufszahlen. Der Wertzuwachs von Musks eigenen Tesla-Aktien stellt seine Investition in den Wahlkampf im vergangenen Jahr bei Weitem in den Schatten. Er hat insgesamt 290 Millionen Dollar für politische Kampagnen ausgegeben, den größten Teil davon zugunsten von Trump. Nach Angaben aus dem Weißen Haus wird Musk der Regierung seine eigenen Finanzverhältnisse offenlegen. Weil er als „Special Government Employee“ einen Sonderstatus hat, sollen die Dokumente dazu nicht für die Öffentlichkeit zugänglich gemacht werden.
Musk ist in den vergangenen Wochen oft als eine Art Schattenpräsident oder Ko-Präsident beschrieben worden. Die Zeitschrift „Time“ zeigte ihn kürzlich auf ihrem Titel, wie er anstelle von Trump hinter dem Schreibtisch im Oval Office sitzt. Es wird viel spekuliert, wie lange die Allianz von Trump und Musk halten kann, zumal beide dafür bekannt sind, sich nur ungern das Rampenlicht zu teilen. Trump fühlt sich mittlerweile bemüßigt, darauf hinzuweisen, er sei weiter Herr im Weißen Haus. In dem Fox-Interview sagte er über Musk: „Er berichtet an mich.“