Dino Toppmöller macht nicht den Eindruck, als würde ihm der bisherige Saisonverlauf Sorgen bereiten. Der Trainer der Frankfurter Eintracht wirkt forsch, tatendurstig und angriffslustig. Nur die vergangenen Wochen setzten ihm dann doch mehr als erwartet zu. Die Serie von vier sieglosen Spielen, die allesamt unentschieden endeten, strapazierte seine Geduld, woraus er in der Vorbereitung auf den Einsatz am Wochenende aber Motivation zog: „Schluss damit!“, lautete seine Kampfansage.
Am Sonntag besserte sich seine Laune. Gegen den KSV Holstein Kiel kam seine Mannschaft beim 3:1 zum zweiten Erfolg in der Bundesligarückrunde. Die damit verbundenen drei Punkte, die den Ertrag auf nunmehr 42 steigerten, vergrößerten die Chancen des Tabellendritten auf die Qualifikation für die Champions League, zumal die Verfolger aus Stuttgart und Leipzig patzten.
Und sie waren sicherlich auch gut für die Moral, denn die nächsten Aufgaben, die es für die Hessen zu bewältigen gilt, haben es mehr in sich als diese die Zuschauer wenig mitreißende Begegnung mit dem abstiegsbedrohten Klassenneuling: Am kommenden Sonntag (17.30 Uhr im F.A.Z.-Liveticker zur Bundesliga und bei DAZN) tritt die Eintracht zum Top-Spiel beim Spitzenreiter in München an, ehe danach am ersten März-Samstag der Vorjahresmeister aus Leverkusen im Waldstadion vorstellig wird (18.30 Uhr im F.A.Z.-Liveticker zur Bundesliga und bei Sky).
Verletzte bei Unfall auf Tribüne
Dass das Resultat vom Anhang unmittelbar nach Abpfiff nicht wie üblich gefeiert wurde, hatte mit einem Zwischenfall im Mittelrang der Nordwestkurve zu tun. Dabei war ein Anhänger aus den oberen Rängen abgestürzt und auf drei unter ihm stehende Fans gefallen. Nach Angaben von Eintracht-Pressesprecher Bartosz Niedzwiedzki wurden dabei zwei Personen schwer und zwei leicht verletzt. Alle wurden ins Krankenhaus eingeliefert.
Toppmöller sprach am Abend von einer „bedrückenden“ Nachricht, er wünschte den Betroffenen, bevor er die Sache unter sportlichen Gesichtspunkten bewertete, „gute Besserung“. Zum Glück, so fügte Toppmöller an, „haben wir endlich mal wieder gewonnen“. Jetzt gelte es, „seriös dranzubleiben, um die Serie auszubauen“.
Obwohl er eine „extrem junge“ Startelf aufgeboten habe (24,1 Jahre, d. Red.), sei sie „sehr erwachsen“ zu Werke gegangen. „Jetzt haben wir den vollen Fokus auf Bayern München, und wir haben in der Hinrunde gezeigt, dass wir im Umschaltspiel Waffen haben, um ihnen weh zu tun.“ Er wolle mit seinem Trainerstab in den kommenden Tagen einen Matchplan entwickeln, um auch „da was mitzunehmen“, kündigte Toppmöller an.
Die Eintracht ging die Sache im Eco-Modus an. Tempoverschärfungen, um die Kieler Defensive auseinanderzuziehen, kamen bei ihrer Vorstellung zunächst nur so dosiert vor, dass sich Toppmöller veranlasst sah, an der Seitenlinie energisch mit den Armen zu rudern, um die Seinen darauf aufmerksam zu machen, dass sie doch bitte einen Takt zu legen sollten.
Larsson unorthodox, Ekitiké zu unplatziert
Und das machten sie, als die Anfangsviertelstunde abgelaufen war, mit zunehmender Überzeugungskraft. Im Mittelfeld übernahmen Hugo Larsson und Mario Götze die Aufgabe als Taktgeber der Kollegen, die über weite Strecken fast durchgängig in der Hälfte der Kieler auf der Suche nach einer Lücke unterwegs waren. Mit ihrer individuellen Überlegenheit setzten sie sich immer wieder in den Zweikämpfen durch.
Dass Rasmus Kristensen unter der Woche bei den Ansprachen des Trainers offenbar gut zugehört hatte, zeigte der Däne in der 18. Minute, als er mit einer Flanke in den Strafraum den Frankfurter Führungstreffer einleitete. Mehr Präsenz „in der Box“ hatte der Coach von seinen Angreifern verlangt – und die hohe Hereingabe leitete Nathaniel Brown mit dem Kopf auf Larsson weiter, der in seinem 50. Bundesligaspiel unorthodox mit dem Knie den Ball über die Linie drückte.
Auch das 2:0 fiel anschließend nach ähnlichem Muster und Vorbereitung über die rechte Seite. Diesmal initiierte Brown mit einem kurz ausgeführten Eckstoß auf Can Uzun die Chance, die von Tuta als drittem Mann in dieser Kombination mit einem für Holstein-Keeper Thomas Dähne nicht zu haltenden Linksschuss vollendet wurde (37.).
Einen Strafstoß, der wegen eines Handspiels erst auf Intervention des Video-Assistenten von Schiedsrichter Robert Hartmann der Eintracht zugesprochen worden war, bot vor der Pause die Gelegenheit, den Vorsprung weiter auszubauen. Doch Hugo Ekitiké, der schon bis dahin keinen sonderlich formidablen Eindruck hinterlassen hatte, vergab die Möglichkeit mit einem unplatzierten Schuss, den Dähne zur Seite parierte (45.).
„Das müssen wir abstellen“
Nach exakt einer Stunde herrschte in der Partie endgültig Klarheit. Die Kieler leisteten sich in Person von Verteidiger David Zec einen haarsträubenden Fehlpass im Aufbau, wovon Uzun als Nutznießer profitierte, der überlegt ins rechte unter Eck zum 3:0 abschloss. Dass Holstein zumindest noch ein Tor gelang, hatten sie der tatkräftigen Unterstützung des eingewechselten Frankfurters Niels Nkounkou zu verdanken, der unbedrängt den Ball in den Lauf von Finn Porath köpfte, der im dritten Versuch Trapp überwand (74.).
Dass die Konter der Eintracht in der Schlussphase allesamt zu ungenau abgeschlossen wurden, passte zu einer Darbietung, die ausreichte, um einen überforderten Aufsteiger in seine Grenzen zu verweisen, aber in der Nach-Marmoush-Zeit in Summe ein Fußballspiel ohne großen Glanz ergab.
Im „Großen und Ganzen“ fand Trapp die Leistung gegen Kiel souverän, doch der Torwart entdeckte auch ein Haar in der Suppe: Gegen Ende, so monierte er, habe sich die Eintracht „einen Tick zu passiv“ verhalten: „Das müssen wir abstellen.“ In München und daheim gegen Leverkusen bräuchten sich die Frankfurter „nicht verstecken“, schaute Trapp zugleich voraus. „Wir wissen um unsere Qualitäten“, sagte er, sie benötigten aber jeweils einen „perfekten Tag“, um bei den kommenden Herausforderungen zu bestehen.
„Wenn wir von Champions League reden, sind das zwei tolle Gegner, um sich zu messen“, bilanzierte Trapp nach „dem extrem wichtigen Sieg“, der im Moment dafür sorge, „dass die Tabelle schön aus sieht“. Wichtiger sei aber, wie sie „nach dem 34. Spieltag“ ausschaue. Mit einem Polster von fünf Punkten auf den Vierten Leipzig (37) und sechs auf Freiburg (36) gehen die Frankfurter zumindest mit etwas Sicherheitsabstand, der auf jeden Fall einen Ausrutscher verzeiht, in die Crunch Time
